Normalerweise schreibe ich am Sonntag meine Begrüßung für die nächste Woche und am Montag könnt Ihr sie dann – wenn Ihr wollt – im Netz lesen. Dieses Ritual ist in der letzten Woche ausgefallen und der Grund ist einfach: Erst war nicht klar, was denn zu kommentieren wäre, und dann haben sich die Ereignisse nur so überschlagen. Aber der Reihe nach:
Den letzten Sonntag habe ich in Berlin zugebracht. Eigentlich sollten nämlich an diesem Abend die Koalitionsverhandlungen beendet werden und eigentlich dann auch am Montag und Dienstag. Uneigentlich ist das aber nicht gelungen und es war bis zuletzt nicht klar, ob sich Union und SPD auf eine Vereinbarung würden verständigen können. „Zäh“ ist eher noch eine Untertreibung und klären sollte sich das alles dann erst nach einer weiteren schlaflosen Nacht am Mittwochvormittag. Ende gut, alles gut? Ich persönlich bin mit der Vereinbarung zufrieden und kann diese Vereinbarung gutem Gewissens vertreten. Inhaltlich finden sich darin viele SPD-Vorhaben, für die wir lange gekämpft haben. Und dass die SPD in einem nächsten Kabinett eltiche Schlüsselressorts besetzt, ist ein echter Erfolg. Nicht ohne Grund herrscht deswegen in der Union ziemlich schlechte Laune.
Aber das war’s ja noch lange nicht. Am Mittwoch hat Martin Schulz angekündigt, den SPD-Vorsitz abzugeben, und vorgeschlagen, dass ihm Andrea Nahles folgen soll. Das ist ein Vorschlag, den ich aus ganz verschiedenen Gründen richtig gut finde: Er bedeutet einen Geschlechterwechsel an der Parteispitze (zum ersten Mal, nicht gerade ein Kompliment für uns), einen Generationswechsel und nicht zuletzt auch ein neues politisches Kraftzentrum. Oft ist kritisiert worden, die SPD sei in den letzten Jahren nur noch als Teil einer Großen Koalition wahrgenommen worden. Das stimmt und erklärt sich nicht zuletzt aus der Tatsache, dass der SPD-Vorsitzende gleichzeitig Minister und Vizekanzler war. Wenn dagegen Partei- und Fraktionsvorsitz der SPD in einer Person außerhalb der Regierung konzentriert sind, gibt es gute Chancen, dass „SPD pur“ künftig wieder deutlicher wird.
Und auch damit war die Woche ja noch nicht rum. Als Martin Schulz am Mittwoch angekündigt hat, selbst als Außenminister in die Regierung eintreten zu wollen, gab es sehr harte Reaktionen von der Parteibasis, da ist nichts zu beschönigen. Viele SPD-Mitglieder machten keinen Hehl daraus, das als einen Wortbruch empfinden, weil er nach den Bundestagwahlen genau das Gegenteil angekündigt hatte. Ich kann diese Sichtweise verstehen, aber der Fairness halber muss auch gesagt sein, dass nach dem Ende von Jamaika die SPD (vorbehaltlich des Mitgliederentscheids!) ebenfalls ihren Kurs geändert hat. Darüber zu diskutieren ist allerdings müßig, denn am Freitag folgte dann der nächste Paukenschlag und Martin Schulz hat sich nach dem Parteivorsitz auch von seinen Kabinettsplänen verabschiedet.
Ich habe vor dieser Entscheidung und ihrer Begründung ehrlichen Respekt: Dass nämlich am Ende die Sache wichtiger als die Person. Und auch wer sich diese Schlußfolgerung schon vorher gewünscht hätte, muss zugeben, wie bitter diese Woche für Martin Schulz gewesen ist. Über ein Jahr lang hat er permanent unter Einsatz aller Kräfte für die SPD gekämpft und in einer sehr schweren Zeit Verantwortung übernommen. Am Ende hat er auch den Preis für diese Verantwortung persönlich übernehmen müssen. Vor diesem Hintergrund empfinde ich jede Häme als völlig fehl am Platze.
Für viele überzeugte Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten war zuminest die zweite Hälfte der Woche schlimm und so empfinde ich das auch. Aber gleichzeitig beginnt jetzt eben auch ein neues Kapitel mit der Chance, es künftig besser zu machen als in den letzten Jahren. Auch dafür sind in dieser Woche die Grundlagen geschaffen worden. Oder wie ein amerikanisches Sprichwort sagt: Wenn die Nacht am dunkelsten ist, ist der Morgen am nähesten.
In diesem Sinne: Ich wünsche Euch eine gute Woche.